2025/04 Skitour Großvenediger

Ursprünglich wollten wir die Tour schon im letzten Jahr machen. Einmal um den Großvenediger mit Tourenski drumherum. Damals hatte uns massiver Neuschnee überrascht. Und unsere Terminwahl Ende Februar war auch nicht günstig. Die meisten Hütten öffnen hier erst Anfang März. Dieses Jahr sollte es besser laufen.

Wir planen so: Freitag für die Hinfahrt und den Aufstieg zur Kürsingerhütte. Samstag und Sonntag Skivergnügen rund um den Großvenediger. Montag Abstieg und Heimfahrt. Ich buche aber nur die erste Nacht auf der Kürsingerhütte. Alles andere muss sich finden.

Rica bringt mich freundlicherweise Freitag früh um 4 Uhr zu Lars nach Dresden. Die Bezahlung des Blitzerfotos übernehme ich. Gegen 11 sind wir am Blausee-Parkplatz, dem Eingang ins Obersulzbachtal. Hier auf 910m ist noch alles grün. Wir vermuten aber Schnee ab 1200m und entscheiden uns gegen die Wanderschuhe. In Skistiefeln und Snowboard-Boots laufen wir los.

Auf etwa 1200m begegnet uns dann tatsächlich erster Schnee. Aber erst nach 5,4km und weiteren 200 Höhenmetern können wir auffellen und auf den Tourenski laufen. Zwei Stunden sind wir jetzt in Skistiefeln hoch gelatscht. Freundlicherweise ist ab hier der Weg mit der Pistenraupe bearbeitet worden wodurch eine brauchbare Schneedecke da ist. Rechts und links im Wald ist es noch grün. Später, bei der Seilbahnstation der Kürsingerhütte, liegt dann überall Schnee. Gegen 16:15 erreichen wir den Gletschersee Obersulzbachtal auf 2200m. Jetzt liegt die Hütte direkt über uns (auf 2558m). Hier wird uns bewusst, dass es noch ein ganzes Stück Weg bis dahin ist. Direkt hoch würde nur ein Klettersteig führen, wir müssen um den Berg drumherum. Jetzt, Ende März, ist es ja aber zum Glück schon länger hell. Unserer Kondition hilft das aber auch nix. Eigentlich reicht es ja jetzt schon für heute. Wir sind bereits ausgelaugt.

Wir überqueren den Gletschersee mit mulmigem Gefühl übers Eis. An seinem Rand poltern immer wieder Steine die angrenzenden Steilwände hinunter, dort entlang wäre zu gefährlich. Die letzten Höhenmeter ziehen sich gewaltig. Wir folgen den Skispuren bis wir am Horizont gleißend helles gelbes Licht wahrnehmen, das Leuchtfeuer von der Kürsingerhütte.

Gegen 19:30 Uhr sind wir dann alle auf der Hütte, es gibt auch noch was zu Essen. Und ein Ziel-Getränk zur Belohnung. Für mich alkoholfrei, ist ja Fastenzeit. Lange halten wir uns heute nicht mehr wach. Das waren knapp 20km und 1700 Höhenmeter Aufstieg. Dazu die Anfahrt, danke Lars und Stefan, dass ihr das übernommen habt.

Am Samstag morgen schneit es. Die Prognosen sehen auch nicht sehr gut aus. Nur für Sonntag mittag ist ein Fenster mit Sonne gemeldet. Die Umrundung vom Großvenediger wird also nichts. Wir buchen daher für die kommenden beiden Tage auf der Kürsingerhütte und planen für heute nur eine kleine Tour. Morgen soll es dann von hier aus auf den Großvenediger gehen.

Wir starten entspannt auf die 3120m hohe Bachmayrspitze, die uns vom Wirt statt dem geplanten Keeskogel empfohlen wurde. Weniger Steil, kein Gratweg. Einfacher. Es schneit unentwegt, die Sicht ist schlecht. Aber wir sind die ersten auf dem unscheinbaren Gipfel. Kein Kreuz, kein Gipfelbuch. Dafür können wir bis auf die Spitze mit den Ski aufsteigen. Und im frischen Schnee wieder abfahren.

Wir versuchen noch einen Abstecher zum Keeskogel, brechen aber wieder ab. Uns steckt der gestrige Aufstieg noch in den Knochen und die Bedingungen sind wirklich nicht gut. Zurück auf der Hütte planen wir den morgigen Aufstieg zum Großvenediger. Früchstück ist auf der Hütte ohnehin nur bis 7:30. Damit liegt die Startzeit ja schonmal fest. Die Wetterprognose ist auch nicht schlecht: 10-20cm Neuschnee. Von 10-19Uhr könnte die Sonne mal rausschauen. Moderate -8°C aber über 80km/h Wind. Nur mäßige Lawinengefahr.

8:30 stehen wir mit Gletscherausrüstung vor der Hütte. Nebel, aber kein Schneefall mehr. Mit uns steigen noch weitere Gruppen auf. Wir sind aber die einzigen, die auf dem Gletscher in Seilschaft gehen. Stellenweise liegt jetzt ein halber Meter Neuschnee. Gegen Mittag reist der Himmel dann tatsächlich auf und wir sehen das erste Mal die Täler um uns herum. Der Großvenediger hält sich noch versteckt.

Ab der Venedigerscharte wird die Sicht immer besser. Dafür nimmt der Wind massiv zu. Es wird im Gesicht eisig kalt. Ich packe mich ein, so gut es geht. Dicke Handschuhe sind ein Muss (nach dem Pik Lenin bei mir sowieso) und jedes Foto wird so zur Herausforderung. Um 14 Uhr stehen wir auf dem Gipfel vom Großvenediger. Die Sicht ist inzwischen komplett frei, der Blick fantastisch! Im Osten ist der Großglockner zu sehen. Das Gipfelkreuz ist wunderbar mit Eis und Schnee überzogen. Traumhaft!

Lange halten wir es leider nicht aus. Der Wind ist zu stark und kalt. Die Abfahrt im tiefen Neuschnee ist eine Herausforderung für mich. Die Ski schwimmen nicht wirklich auf, dazu bin ich zu langsam, zu schwer oder einfach die Ski zu schmal. Macht aber nix, ist trotzdem ein Gaudi. Als wir gegen 16 Uhr die Felle nochmal aufziehen um die letzten Meter zur Hütte wieder hochzulaufen, trübt sich das Wetter schon wieder ein. Wir sind dankbar, dass es die 4 Stunden so gut mitgemacht hat. Abends beginnt es wieder zu schneien.

Die Hütte ist bis auf drei weitere Gruppen inzwischen leer. Klar, morgen ist Montag und massenhaft Schnee angesagt. Bisher ist von etwa 1m Neuschnee die Rede. Lawinenwarnstufe 4. Lange bereden wir, wie der Rückweg aussehen wird. Notfalls müssen wir 2 Tage dranhängen, falls wir hier einschneien.

Montag morgen, es schneit unentwegt. Wir packen, legen die Ski an und wollen uns die Sache mal vorsichtig ansehen. Bei ordentlicher Wegwahl ist „nur“ eine Steilstufe direkt nach der Hütte und später im Obersulzbachtal eine Engstelle mit Lawinenauslaufzonen richtig kritisch. Und die schlechte Sicht. Warten würde die Gefahr aber noch erhöhen, es kommt noch mehr Schnee und dann auch Wärme. Es klappt, zumindest die Steilstufe nach der Hütte ist erstmal noch kein Problem.

Im tiefen Schnee sind Felsen unter der Schneedecke nicht sichtbar. Und die Ski fahren nicht oben sondern unterhalb der Decke. Immer wieder treffe ich Felsen oder Löcher im Schnee in der Nähe von Felsen. Nach einer Weile habe ich eine ganz gute Taktik entwickelt, die Ski auf verknotet im Tiefschnee liegend abzumachen und mich zu sortieren. Am Ende brauchen wir für den Rückweg 8,5h, länger als für den Aufstieg! Aber wir sind heil unten angekommen. Wir haben keine Lawine gehört oder gesehen. Erst sehr weit unten im Obersulzbachtal, nachmittags als es schon merklich wärmer war, hat man entfernt kleinere Lawinen in den Felsen gehört.

Die letzten 4km geht es leider wieder zu Fuß. Weiter unten reicht der Neuschnee nicht zum Fahren. Gegen 18 Uhr sind wir am Parkplatz zurück. Später ruft mich die Hütte nochmal auf dem Handy an und will wissen, dass wir gut angekommen sind. Ich schäme mich, dass ich nicht selbst auf die Idee gekommen bin mich zu melden.

Gegen 1 Uhr nachts sind wir zuhause.