André und ich fahren ja schon seit vielen Jahren zu dem Treffen, das 20. offizielle Treffen ist unser 15. Ab dem 3. waren wir dabei, nur einige weitere mussten berufsbedingt ausfallen oder weil das Motorrad gerade in Teilen im Keller lag. Dieses Jahr sind wir erstmals zu dritt: Darek will uns begleiten. Das schafft logistische Herausforderungen. Ein weiteres Fahrzeug muss her, wir entscheiden daher, dass Darek das ETZ-Gespann fahren und ich es erstmals solo mit der Mastiff probieren werde. Außerdem ist unser Zelt zu klein für 3. Da auf der Mastiff keinerlei Gepäck zu transportieren geht und das Gespann schon voll ist, frage ich noch ein Bett auf der Edelrautenhütte an – und habe Glück.
André berichtet im Vorfeld, dass sein Gespann noch in Teilen im Keller liegt, er ist aber zuversichtlich. Unser ETZ-Gespann braucht vor Abfahrt nur wenig Aufmerksamkeit: Griffheizung und Frontscheibe wollen nochmal nachgebessert werden. Der Rest funktioniert tadellos. Die Mastiff bekommt zwei Heidenau K73 Silica, eine Griffheizung und Handprotektoren spendiert. So kanns losgehen.
Dienstag um 7 stehen wir auf. Bis die Motorräder endlich gepackt sind, wir ordentliche Sachen anhaben und die Räder rollen ist es am Ende aber halb 12. Packen will auch gelernt sein. Wir starten von Pirna über Petrovice und steuern auf tschechischer Seite die Staatsstraße 27 an. Die durchquert auf 212km Länge Tschechien exakt von Nord nach Süd, über Most, Zatec, Pilsen bis Bayerisch Eisenstein. Ideale Line für uns.
Die Motorräder laufen gut. Schnell vorwärts kommen wir aber nicht. Darek kämpft etwas mit kalten Füßen, findet aber seinen Weg das zu lösen. Ich finde für uns dafür eine Übernachtung kurz hinter Zwiesel. Wellness-Hotel für 60€ das Doppelzimmer mit Frühstück. Sowas gibts noch, perfekt. Am Ende des Tages stehen 270km mehr auf dem Tacho.
Am folgenden Tag tingeln wir bei Kaiserwetter durch den Bayrischen Wald. Ein Traum. Bis Passau geht das so. Danach folgt etwas langweiligere Gegend und trübes Wetter durch Oberösterreich. Wir steuern das Salzkammergut an und wollen am Atternsee entlang, über Bad Ischl und Hallstadt das Dachsteinmassiv rechts herum umrunden. Unser Ziel ist die Türlwandhütte an der Dachsteinbahn in Ramsau. Ab Gosau wird es dunkel, aber die Wolken verschwinden wieder und es gibt so etwas wie Abendrot. Als wir die drei Spitzen vom Dachstein sehen, fühlt sich das wie heimkommen an. Die Dachsteinstraße ist voll Splitt, die Auffahrt bis auf 1700m macht trotzdem Spaß. Wenigstens kein Schnee, André war vor 3 Jahren hier in einer Schneewehe stecken geblieben.
17:30 stehen wir vor der Türlwandhütte, 290km waren das heute. Gegen 9 trifft auch André ein. Er musste noch sein Gespann komplettieren und ist einen Tag später gestartet. Heute hat er die Herfahrt am Stück gemeistert – auf der Autobahn über Prag, Linz und sogar den Tunnel bei Liezen hat er mitgenommen. Dafür ist er jetzt da, jeder andere hätte vermutlich abgesagt. Respekt.
Wir haben den Donnerstag nichts weiter vor, also laufen wir nach Ramsau hinunter. André hat zwei Paar Schneeschuhe mitgebracht, ein drittes erwerbe ich vor Ort. Damit steigen wir querfeldein wieder durch den Wald nach oben, bis an den Einstieg zum Edelgrieskar. Inzwischen ist Nachmittag, es beginnt zu schneien und wir haben auch genug Frischluft gehabt.
Freitag packen wir entspannt und nehmen Abschied von der Türlwandhütte. Danke Renate und Johanna, es war schön mal wieder bei euch zu sein. Die Abfahrt erfolgt im Sonnenschein. Traumhaft!
Es geht die 90km durchs Ennstal entspannt nach Trieben. Wir kaufen ein und starten die Auffahrt nach Hohentauern. Bis zur Mautschranke geht es auf Teer und Splitt hinauf. Wir sind übermütig und versuchen es ohne Ketten. Ich hab für die Mastiff ja sowieso keine. Dafür kein Gepäck und das Motorrad ist leicht. Unser Übermut rächt sich am Ende: 2 Kehren hinter der Mautschranke müssen die Gespanne doch bekettet werden. Dareks Gespann braucht auch noch das schmalere Hinterrad – mit dem 125er PKW-Reifen passt die Kette nicht. Die Mastiff dagegen lässt sich auf diesen ersten Metern ganz gut fahren.
Mit Ketten kommen die Gespanne mühelos bis zum Zeltplatz hoch. Die Mastiff kommt anfangs noch gut vorwärts. Weiter oben wird die Fahrbahn immer eisiger unter dem Schnee. Am Rand fahren bringt auch nicht viel, dort bremst das Vorderrad im Schnee zu sehr. Ich komme bis zur vorletzten Kehre hoch, dort bleibe ich hängen. Mit Schwung und Mut müsste es gehen, aber ich komme nicht mehr weg. Gerade als ich ein zweites mal umdrehen und weiter runter fahren will, kommen André und Darek als Anschieber zuhilfe. Zwei mal müssen sie mir einen kurzen Anschub geben – und ich stehe oben auf dem Zeltplatz. Geschafft.
Dort erfahre ich auch vom platten Hinterreifen am Gespann. Das Ventil war abgerissen. Schlamperei rächt sich am Ende: wir hatten vor Abfahrt bei allen Rädern die Luft kontrolliert – nur nicht beim Reserverad. Die Kette hat dann doch zu sehr am lockeren Reifen gerissen. Ersatzschlauch haben wir mit, Montierhebel auch. Richy borgt den Kompressor. Nach 20 Minuten steht die ETZ wieder auf einem tadellosen Hinterrad.
Das Zelt ist schnell aufgebaut. Wie immer wird es einfach auf dem gefrorenen Boden aufgeschraubt. Die dünnen Schrauben halten gut, für die dickeren hätten wir uns einen Schlagschrauber leihen müssen. Nach dem Zeltaufbau kommt die Auffahrt zur Edelrautenhütte. Die Kür: Darek meistert sie im ersten Versuch! Respekt. Wie in den letzten Jahren auch, hilft die für uns aufgestellte Ampel, Probleme im Gegenverkehr zu vermeiden. Die Edelrautenütte hat neuerdings sogar einen Ladeanschluss. Im nächsten Jahr müsste die MZ also elektrisch kommen.
Einige Bier und etliche „Hallo“s später gehts wieder nach unten ins Zelt und in den Schlafsack. In diesem Jahr erlebe ich zum ersten Mal eine fast windstille Nacht hier oben. Kein Schnee, kein Wind, sternenklar.
Am kommenden Morgen beschließen wir, mit Schneeschuhen auf den Großen Bösenstein zu steigen. Lawinengefahr ist keine, es ist ganz wenig Schnee auf den Bergen. Wir verzetteln uns im Aufstieg und landen nach dem Hauseck und dem folgenden Gratanstieg in einer Sackgasse. Es geht nur noch eine steile Schneerinne hoch oder wieder nach unten. Soviel Nervenkitzel wollten wir gar nicht, die Stimmung kippt kurz. Zum Glück gelingt der Aufstieg und wir können dem Ostgrat zum Gipfel weiter folgen, haben aber eine Menge Zeit eingebüst. Für den Abstieg haben wir jetzt noch 2h Zeit, bis es dunkel wird. Wir wollen ja heute noch vorm Zelt kochen – eigentlich im Hellen.
Auch der Abstieg ist nicht ganz sorgenfrei. André nimmt die steilen Schneepassagen vorzugsweise auf dem Hintern rutschend. Das sieht ganz gut aus, wir trauen uns das aber nicht. Später verlieren wir den Weg und steigen die letzte Steilstufe zum Scheibelsee durch Büsche und Sträucher ab. Bei Einbruch der Dunkelheit stehen wir durstig an der Edelrautenhütte.
Es wird gekocht, Glühwein gemacht und das letzte Dosenbier getrunken. Morgen geht es wieder heim und wir müssen dafür noch ein paar kleinere Reparaturen machen: Andrés neuer H4-Scheinwerfer funktioniert schlecht und wir stellen fest, dass auf den Anschlüssen die Bezeichnung für Masse und Fernlicht vertauscht aufgedruckt sind. So leuchtet es zwar, aber der Strom fließt durch beide Wendel in Reihe. Das ist schnell behoben. Schwieriger wird, die fehlende Mutter auf dem Stabi-Anschluss der Schwinge zu ersetzen. Eine Mutter ist schnell beschafft, der Seitenwagen muss dazu allerdings abgemacht werden. Auch das lösen wir, und gesellen uns danach zu Richy, der verzweifelt den Zündfunken von „Krönchen“, seinem Rotax-Gespann sucht. Vor Mitternacht gehts ins Zelt, bzw. für Darek ins neue Lager wo er dem Schnarch-Konzert der gestandenen Motorradfahrer um sich herum lauscht.
Es ist Sonntag, wir frühstücken, packen und nehmen Abschied. Vor uns liegen 570km. Wir haben uns entschieden, die Heimfahrt in einem Stück zu versuchen. Das Wetter ist nicht ganz so gut, etwas feucht, ohne Sonne aber nicht zu windig. Und kein Schnee.
Die Abfahrt nach Hohentauern ist für die Gespanne kein Problem mit Ketten. Mir graut es mit der Mastiff etwas davor. Oben vereist, mit Schnee und erst etwa 400 Höhenmeter weiter unten kommt ab und zu mal etwas Schotter durch. Ich fahre oben zunächst ohne Motor, rolle nur. Mit dem ersten Gang kann ich die Kupplung zum Bremsen für das Hinterrad nutzen und so beide Füße als Stütze nehmen. Ab der Mitte fahre ich im ersten Gang und sehe zu, dass das Hinterrad immer schön gleichmäßig dreht. Weiter unten ist es kein Problem mehr. Auf Schnee machen die Heidenauer Reifen einen ganz guten Eindruck. Auf Eis sind sie halt machtlos. Unten haben Darek und André bereits die Schneeketten abmontiert. Wir können starten. Über den Phyrnpass und die 138 geht es zurück Richtung Passau, dann weiter über Bayerisch Eisenstein nach Tschechien und auf der Staatstraße 27 wieder Richtung Most. Dort ist es dann schon dunkel, es wird neblig und wir entscheiden uns daher für die E442 und die Autobahn D8.
Nach reichlich 10 Stunden und 570km sind wir zu Hause. In diesem Jahr leider mit wenig Schnee, dafür kein Wind. Einige Teilnehmer der vergangenen Jahre haben gefehlt, das war schade. Viele waren aber da und es war schön, sie zu treffen. Vielen Dank an das Organisations-Komitee!
Mehr Infos zum Treffen: https://motorang.com/tauerntreffen/index.htm