20.6km +688m / -771m
Ich zahle in Mezná 74€ für Frühstück, 1 Bier und Übernachtung. Das Frühstück extra bezahlen zu müssen, hatte ich nicht vermutet. Das Bier von gestern abend hatte die Dame an der Rezeption nicht auf dem Schirm. Insgesamt die teuerste Unterkunft auf meinem Weg.
Ich starte 9:46 am Hotel, das ja deutlich abseits vom eigentlichen Tagesstartpunkt, dem Örtchen Růžová (Rosendorf) ist. Ich schätze mal um 11 bin ich dann dort.
Den Weg zurück durch die Klamm schaffe ich zügig. Fühle mich gut, besonders wenn es bergauf geht.
Noch deutlich vor 11 bin ich nicht nur in Rosendorf sondern stehe auf dem Pastevní vrch (Hutberg, 402m), der ersten Attraktion des Tages. Die „Brustwarze von Rosendorf“. Der Ausblick zurück auf die Sächsische Schweiz und nach vorn zum Rosenberg ist toll und ich mache kurz Rast. Irgendwie beeindruckt mich auch der Turm mit seinem Sichtbeton.
Dann nehme ich den Růžovský vrch (Rosenberg, 619m) in Angriff. Hoch und runter soll laut Wanderführer auf zwei unterschiedlichen Wegen gehen, wenn man den Abzweig findet. Tue ich aber leider nicht. Also stapfte ich die steilen Serpentinen von Norden aus hoch, die auch für den Rückweg herhalten sollen. In 30 Minuten bin ich oben. Der Aufstieg hat Kraft gekostet. Hat schon leicht alpinen Charakter.
Oben sind Wald und die Grundmauern eines Turmes. Es scheint alles schon lange verlassen und wenig besucht, durch die Bäume hat man überhaupt keine Aussicht. Wenigstens scheint die Sonne. Und während ich oben Pause mache, verirren sich 3 tschechische Frauen auch auf den Berg. Zwei sind mittleren Alters, die dritte recht jung. Unwillig trabt sie den anderen beiden hinterher. Die beiden älteren grüßen.
Beim Gehen entdecke ich in letzter Sekunde das Gipfelbuch. Einschreiben ist Pflicht.
Über Waldwege gelange ich weiter nach Kamenická Stráň (Kamnitz-Leiten). Der Ort empfängt mich warm und freundlich. Ich mache auf einer Bank Rast. Nebenan läuft ein Rasenmäher, die schönen Umgebindehäuser ringsum sind allesamt fein herausgeputzte Ferienhäuser. Es herrscht eine eigenartig entspannte Stimmung. Kein Autolärm, keine Touristen. Im Nachbargarten ruft ein Kind laut „oběd“ (Mittag) in den Garten und der Rasenmäher verstummt. Ich höre Geschirr klappern.
Ich verlasse Kamenická Stráň in Richtung Dolský mlýn (Grundmühle) und ärgere mich ein weiteres Mal, dass im Wanderführer steht: auf Gelb bleiben. Es gibt aber gar keinen gelb markierten Weg. Nur blaue und grüne. Naja, die Karte hilft.
Auf dem Weg zur Grundmühle kommen mir Mountainbiker entgegen, sonst wanderte ich eher alleine.
Ich nehme den Abstecher zur Kamnitzaussicht mit, und mache an der Grundmühle reichlich Fotos.
Ab der Grundmühle empfiehlt der Wanderführer eine derzeit gesperrte Strecke an der Kamnitz entlang. Mache ich auch trotz Sperrung und das Stück ist toll. Eisenklammern und ein paar gehauen Stufen gibt es. Leider sehr kurz.
Der Weg führt zu einem Rastplatz mit Böhmens ältester Stahlbetonbrücke und der 180 Jahre alten und 27m hohen Královský smrk (Königsfichte).
Bei der Königsfichte muss ich mich entscheiden: Abenteuer oder Bunker? Ich wähle Abenteuer: den Weg hoch über der Ferdinandsklamm. „Ein Weg für Entdecker.“ Ist er auch, teilweise recht schwer zu finden. Erst steil bergauf aus dem Einschnitt der Jetřichovická Bělá (Großen Biele), dann durch Wald, Feld und wieder steil bergab in die Kluft der Kamnitz. Der folge ich dann bis zum Zeltplatz. Dort biege ich ab nach Všemily (Schemmel). Die beiden Hauptattraktionen des Ortes, die Kapelle des heiligen Ignatius neben der alten Dorfschule und den hohlen Stein nehme ich noch mit. Beides ist recht interessant. Eine in einen ausgehöhlten Sandsteinfelsen hineingebaute Kapelle sieht man nicht jeden Tag. Und der Hohle Stein ist einer der größten Felsüberhänge Böhmens, und war sogar schon vor 9000 Jahren bewohnt.
Dann schmerzen die Füße und ich nehme den kürzesten Weg Richtung Unterkunft in Jetřichovice (Dittersbach). Leider wird gerade der von Kühen verstellt…
In der Unterkunft, der Pesion Restaurace Praha, gibt es lange Gesichter bei mir und bei der Kellnerin im Restaurant. Kein Zimmer frei in der Pension. Wie die Buchung auf booking.com zustande kam versteht keiner. Am Ende gibt es aber nach etlichen Telefonaten der Kellnerin doch ein Bett für mich im nicht vorbereiteten 4-Mann-Zimmer mit Gemeinschaftsdusche für die Etage. Wir einigen uns auf 350 Kronen (statt 48€!). Mein Tschechisch hilft ungemein. Deutsch und Englisch sind eher schlecht bei den beiden Damen der Gaststätte.
Ich dusche ausgiebig und gönne mir dann Kalbsfleisch in Pfeffersoße mit Bratkartoffeln. Vorher eine klare Knoblauchsuppe mit Fleischstückchen und Gräupchen drin. Kannte ich noch nicht. Ich zahle für 3 Bier, Abendessen und Unterkunft unglaubliche 700 Kronen.
Die Nacht ist ruhig, fast totenstill. Tagsüber war der Ort sehr belebt, jetzt fährt überhaupt kein Auto. Später in der Nacht gesellt sich ein Mitbewohner in einem der anderen Zimmer dazu. Ich werde mehrmals wach und schlafe etwas unruhiger.
Erkenntnis des Tages: Es gibt immer eine Lösung, man muss nur mit den Leuten reden.