Vom Kreuzeck zur Zugspitze bergauf
Nach einer Woche Urlaub in den Dolomiten, einschließlich dreitägiger Hüttentour durch die Brenta-Gruppe, schien uns der Aufstieg möglich. Wir fühlen uns gut vorbereitet und fit.
Der Plan war recht einfach: Auffahrt zum Kreuzeck mit der Seilbahn, Übernachtung im Kreuzeckhaus, zeitig starten und schauen, wie weit wir kommen. Notfalls Biwak in der Biwakschachtel.
Mit der letzten Bahn fahren wir zum Kreuzeck hoch und checken am Kreuzeckhaus ein. Das Wetter sieht nicht wirklich gut aus. Die Wirtin vom Kreuzeckhaus rät uns ab. Es regnet und für den kommenden Tag ist eine gringe Gewitterwarscheinlichkeit gemeldet. Je öfter ich die Wettervorhersage aufrufe, desto besser wird die Prognose aber.
Wir verabreden mit den Wirtsleuten vom Kreuzeckhaus ein Frühstück für 5:30 und kurz nach sechs stehen wir abmarschbereit draußen vor der Hütte auf 1650m Höhe. Die Sonne lugt durch die Wolkenbänder und wir hoffen auf einen uns gnädig gestimmten Petrus und starten unsere Tour.
Wir steigen über den Längenfelderkopf zum Osterfelderkopf auf. Um diese Uhrzeit fährt die Alpspitzbahn noch lange nicht, die Übernachtung im Kreuzeckhaus war richtig. Die Bergstation der Alpspitzbahn sehen wir zum ersten Mal menschenleer.
Der weitere Weg führt uns zunächst einen Teil der Alpspitz-Ferrata nach oben. Die kennen wir bereits, machen entsprechend gut Meter. Der Felsen ist vom Regen der letzten Nach feucht, es klettert sich aber gut. Es ist recht frisch und es weht auch immer etwas Wind.
Unterwegs sonnen sich Alpensalamander in der Morgensonne und einige Gämse schauen uns neugierig zu.
Halb 9 biegen wir von der Alpspitz-Ferrata in Richtung Mathaisenkar/Jubiläumsgrat ab. Uns bietet sich das erste Mal ein Anblick über den Verlauf der Gipfel links vom Höllental und bis zur Zugspitze. Unser Ziel für heute. Das Wetter spielt erstaunlich gut mit. Oft sind auf der einen Seite des Gratwegs Wolken unter uns und auf der anderen Seite freie Sicht. Manchmal ist unter uns alles weiß, manchmal alles frei. Ständig ändert sich die An- und Aussicht. Die Ausblicke sind atemberaubend und bisher ist uns noch absolut niemand begegnet.
Wir folgen dem Gratweg und erreichen genau zur Mittagszeit die Jubiläumsgrathütte. Dort machen wir eine ausgibige Rast und verwerfen den Gedanken, hier zu übernachten. Wir liegen super in der Zeit und das Wetter hat sich stabilisiert. Dass wir im Münchner Haus auf der Zugspitze kein Bett buchen konnten und wir vermutlich nach Schließung der Seilbahn oben ankommen werden macht uns etwas unsicher. Irgendwie wird es aber eine Lösung geben.
Frohen Mutes und frisch gestärkt ziehen wir weiter. Die Wege werden gefühlt schlechter gesichert und schlechter markiert. Ohne Sicherung ist uns die Kletterei teilweise nicht ganz angenehm, besonders beim Queren von Hängen. Letztlich finden wir den Weg überall, ein paar kleinere Suchaktionen nach dem Weg kosten aber etwas Kraft. Seilsicherungen bauen wir uns so gut wie nirgends auf. Am besten kommen wir direkt auf dem Grat vorwärts, an den Abgrund rechts und links gewöhnt man sich recht schnell. Zuweilen ist sogar nötig, sich selbst wieder zur Aufmerksamkeit zu ermahnen.
Es geht hoch und runter. Immer wieder lugt die Zugspitze am Ende der Bergkette hervor und zeigt das Ziel an. Doch es geht wieder hoch und wieder runter über den nächsten Gipfel, ohne dass das Gefühl aufkommt dass man sich dem Ziel nähert. Anstieg reiht sich an Abstieg und umgekehrt. Die Kraft schwindet langsam. Außerdem wird es immer später. Die Seilbahn nach unten schreiben wir inzwischen ab.
18:30 stehen wir auf dem Zugspitz-Gipfel. Allein. Die Seilbahn fährt schon lange nicht mehr. Uns sind auf dem gesamten Weg sechs (!) Leute begegnet.
Mit 12 1/2 Stunden haben wir länger benötigt als die oft angegebenen 10 Stunden. Wir sind dafür aber auch nicht die übliche Richtung von oben nach unten gelaufen und weiter unten vom Kreuzeckhaus aus gestartet. Der Routenplaner weist später über 10 Kilometer Länge mit 2000 Höhenmetern rauf und 650 Metern runter aus.
Wir erklimmen das Zugspitzplatau und bekommen sogar noch zwei Betten im randvollen Münchner Haus (Schlafplatz 1 und 1a….). Abendbrot gibt es auch noch und natürlich das Ziel-Bier.
Die Nacht im Münchner Haus ist nicht sehr angenehm. Der Schlafraum ist rappelvoll, der Platz extrem eng. Warum Leute trotzdem ihre stinkenden Wanderschuhe mit in den Raum nehmen, erschließt sich mir nicht. Darek hat Bett Nummer 1, ich Nummer 1a. Wir teilen uns 1,80m Bettbreite mit Nummer 2. Komfort sieht anders aus, aber wir haben einen Schlafplatz.
Der nächste Morgen empfängt uns mit wolkenlosem Himmel und einem traumhaften Blick in das Höllental. Die Höllentalangerhütte liegt noch im Schatten der Alpspitze und ihrer Nachbarn. Langsam erwacht das Leben auf der Zugspitze, eine nette Bedienung verkauft mir guten Kaffee. Die üblichen Seilbahn-Besucher fehlen aber noch. Die Seilbahn öffnet erst ab 8:30.
Wir fahren mit der ersten Seilbahn ins Tal und springen in den kristallklaren Eibsee. Insgesamt eine sehr gelungene Runde! Wir können es kaum fassen, dass alles so wunderbar funktioniert hat. Wir sind dankbar, dass das Wetter trotz schlechter Prognosen am Ende gut war, möglicherweise verdanken wir der Prognose auch die Ruhe und Einsamkeit unterwegs auf dem Grat.